Je mehr Menschen an COVID-19 erkranken, desto mehr Fälle von Langzeitfolgen treten zwangsläufig auf. Manche Patient*innen leiden Wochen bis Monate unter den gesundheitlichen Folgen (Long-Covid) und können längere Zeit nicht arbeiten. Sie benötigen zum Teil Hilfe zur Genesung, beispielsweise in Form einer Rehabilitation.1 Einen Reha-Bedarf gibt es auch bei Betroffenen, die wegen des Lockdowns oder der Pandemie-Situation unter psychischen Folgen leiden oder in der Pandemie-Zeit Alkohol- oder Suchtproblematiken entwickelt haben.
Wir haben auf Kurkliniken.de bereits über mögliche Langzeitfolgen einer Corona-Infektion berichtet. In manchen Fällen ist zur vollständigen Genesung eine Anschlussheilbehandlung oder Rehabilitation in einer Rehaklinik nötig.
Weil sich Long-Covid und mögliche Langzeitfolgen von Corona unterschiedlich äußern, wird für alle Reha-Patient*innen ein individueller Behandlungsplan erstellt.2 Dieser beinhaltet fast immer auch Sportübungen, Physiotherapie und andere Maßnahmen, um die körperliche Fitness langsam wieder aufzubauen. Alle weiteren Behandlungen sind höchst individuell. Je nach Ausmaß und Art der Langzeitfolgen, kann eine körperliche, psychische oder interdisziplinäre Rehabilitation am besten geeignet sein.3
Nach einem schweren COVID-19-Verlauf, Lungenentzündung oder Lungenversagen, aber auch als Folge der nötigen Beatmung, kann die Lunge längerfristig in Mitleidenschaft gezogen werden. Dadurch sinkt die körperliche Leistungsfähigkeit oder es kommt bei Anstrengung zu Atemnot. Doch auch bei manchen Patient*innen mit vergleichsweise mildem Corona-Verlauf kann es vorkommen, dass die Lungenfunktion über längere Zeit eingeschränkt bleibt. In solchen Fällen hat die pneumologische Rehabilitation (“Lungen-Reha”) das Ziel, die reduzierte Lungenfunktion wiederherzustellen und die geschwächte Atemmuskulatur zu trainieren. Mit einem schonenden Aufbau von Kraft- und Ausdauerübungen wird zudem eine Steigerung der Fitness erreicht. Das ist wichtig, weil Patient*innen mit Lungenfunktionsproblemen oft über lange Zeit keinen Sport und wenig Bewegung hatten, was auch die gesamte Muskulatur schwächen kann.
COVID-19 führt bei einigen Menschen zu Herzproblemen. Darunter fallen beispielsweise Entzündungen des Herzmuskels, Herzrhythmusstörungen oder Einschränkungen der Herzfunktion. Auch Thrombosen können entstehen. Um das vorgeschädigte Herz nicht zu belasten, wird eine Herz-Reha in manchen Fällen nicht direkt nach der Erkrankung als Anschlussheilbehandlung verordnet. Hier schließt sich die Rehabilitation stattdessen an eine Phase der Ruhe an, in denen der Herzmuskel zunächst ohne Belastung ausheilen kann. Anschließend kann in der Reha unter ärztlicher Aufsicht eine Wiederaufnahme der körperlichen Aktivität erfolgen.4
Die Corona-Pandemie zieht auch eine Reihe psychischer Folgen nach sich. Depressionen können durch den Verlust eines Angehörigen, durch Einsamkeit, fehlende Sozialkontakte, durch Zukunftsängste oder auf Grund einer prekären, wirtschaftlichen Situation ausgelöst werden. Auch Angsterkrankungen gehören zu möglichen Folgestörungen der COVID-19-Pandemie. Zudem kann die Behandlung in einer Intensivstation, ohne die Möglichkeit einer engen Begleitung durch Angehörige, traumatisch sein. Einige Menschen benötigen Hilfe, um ein solches Erlebnis verarbeiten zu können. Zusätzlich können sich bestehende psychische Störungen verstärken, beispielsweise Zwangsstörungen (Händewaschen, Desinfektion) durch die Hygienevorschriften, Agoraphobie (Angst vor offenen Plätzen und Menschenmengen) durch den Lockdown, oder Ängste vor sozialen Kontakten (Sozialphobie) durch Social Distancing.
Zu den Maßnahmen einer psychosomatischen Rehabilitation können unter anderem verschiedene Arten der Psychotherapie (Einzel- und / oder Gruppentherapie), Sporttherapie, Entspannungstechniken oder kreativtherapeutische Ansätze (Maltherapie, Musiktherapie) gehören.
Mit der Pandemie können Zukunftsängste, fehlende Sozialkontakte, Langeweile, wirtschaftliche Probleme, Erkrankungsfälle in der Familie und andere psychische Belastungen verbunden sein. Manche Menschen können diese Belastungen nur aushalten, indem Sie in ein Suchtverhalten flüchten. Die Suchtmittel können neben Alkohol, Drogen und Medikamenten auch das übermäßige Online-Shoppen, krankhafter Handy- oder PC-Gebrauch, Essstörungen (Bulimie, Magersucht) oder das Glücksspiel sein. In einer Sucht-Reha erlernen Patient*innen das Handwerkszeug, später auch in Belastungssituationen ohne das Suchtmittel auszukommen. Zusätzlich wird die Problematik der Corona-Pandemie besprochen und aufgearbeitet.
Sehr häufig wird eine der oben genannten Rehaformen auch mit anderen Maßnahmen kombiniert. Häufig kommen zu körperlichen Problemen auch psychische Störungen oder stressbedingte Beschwerden hinzu. Atemnot und Atemprobleme gehen oft mit Muskelschwäche, aber auch mit psychischen Belastungen einher. Zudem leiden einige Patient*innen nach einer COVID-19-Infektion an Fatigue (starker Erschöpfung). Bei Fatigue werden in der Regel verschiedene Behandlungen aus verschiedenen Disziplinen kombiniert. Für solche Fälle ist eine interdisziplinäre COVID-19-Reha ideal, bei der Ärzt*innen und Therapeut*innen verschiedener Fachrichtungen besonders umfassend zusammenarbeiten.
Dr. Silvia Nold ist promovierte Biologin mit mehrjähriger Erfahrung in der medizinisch-wissenschaftlichen Diagnostik.